Ist eine Mobilitätswende Tatsächlich umsetzbar?

Fridays for Future: Mobilitätswende bis 2030?

2015 wurde bei der Weltklimakonferenz in Paris beschlossen, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Am 20. August 2018 demonstrierte Greta Thunberg erstmals vor dem schwedischen Parlament für mehr Klimaschutz. Aus dieser Demonstration ist die globale, soziale Bewegung „Fridays for Future“ entstanden, welche sich auch in Deutschland für möglichst umfassende, schnelle und effiziente Klimaschutz-Maßnahmen einsetzt.

Eine der geforderten Maßnahmen, ist eine schnelle und umfassende Mobilitätswende in Deutschland. Dabei sollen Prozesse geformt werden, welche Verkehr und Mobilität auf nachhaltige Energieträger, sanfte Mobilitätsnutzung und eine Vernetzung verschiedener Formen des Individualverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs umstellen. Doch ist eine Mobilitätswende bis 2030 umsetzbar?

Am Dienstag, den 09.11.2021 um 17:00 Uhr waren die Aspekte, der in Deutschland anstehenden Mobilitätswende, Thema in der mittlerweile neunten Sendung vom digitalen Kaffee. Zur Diskussionsrunde im Pop-Up Studio eingeladen waren Prof. Christian Holz-Rau von der Technischen Universität Dortmund, Prof. Stephan Keuchel von der Westfälische Hochschule, Sladan Vidakovic von der GLS Bank und Xenia Wiedenmannott – Masterstudentin Wirtschaftsingenieurwesen Automotive. Gemeinsam mit unserer Moderatorin Laura Neugebauer diskutierten Sie über eine Vielzahl an Aspekten, welche es bei einer solchen Wende zu beachten gilt. Dabei konnten die Zuschauer wie gewohnt ihre Frage über Mentimeter in die Diskussion einwerfen.

Im ersten Themenblock ging es um den Bereich der Antriebswende. In diesem Themenblock wurden die Alternativen zum herkömmlichen Verbrennerantrieb diskutiert. Dabei war sich die Runde einig, dass der Elektroantrieb nur eine von vielen Möglichkeiten darstellt, um den Verbrennerantrieb abzulösen. Allerdings benötigen viele dieser Technologien Zugriff auf regenerative Energien, um den Antrieb klimaneutral zu gestallten. Daher muss laut Prof. Christian Holz-Rau bei der Antriebswende immer die Energiewende mit berücksichtigt werden.

Wenn dies gelingen sollte, stehen eine Vielzahl an Technologien zur Auswahl. Prof. Stephan Keuchel erläuterte an dem Beispiel der Verkehrsbetriebe Köln, wie ein schneller Umstieg auf einen klimaneutralen Antrieb erfolgen kann. So wird in Köln die elektrisch betriebene Stadtbahn durch einen eigens dafür errichteten Windpark betrieben. Der CO2-Ausstoß sinkt dadurch in diesem Bereich gegen null. Allerdings ist dieses Vorgehen nicht überall möglich, so Keuchel weiter. Im Bereich des verbrennerangetrieben Busverkehrs muss sich eine andere Lösung überlegt werden.

Neben der nachhaltigen Antriebstechnologie gibt Xenia Wiedemannott zu bedenken, dass generell bei Fortbewegungsmitteln der gesamte Ressourcenkreislauf sowohl für Antrieb- und Energiespeicher als auch für die Karosserie in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.

Im zweiten Themenblock ging es um die Verkehrswende. Also dem Umstieg vom herkömmlichen energieintensiven Transportmitteln auf energieärmeres Transportmittel. Wie zum Beispiel dem Umstieg vom Auto auf das Fahrrad. Immer häufiger kommt es vor, dass ein Verkehrsmittel falsch eingesetzt wird und somit der Weg zum Bäcker mit dem Auto anstatt zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück gelegt wird.

Bei der Frage, was Städte zum Wohlergehen von Fußgängern und Radfahren beitragen kann, sieht Prof. Christian Holz-Rau als ersten Schritt den Faktor Städte so weiter zu entwickeln, dass Sie lebenswerter sind. Allerdings würde dies aus seiner Sicht nicht direkt zum Klimaschutz beitragen, wenn Maßnahmen wie mehr oder breitere Radwege umgesetzt werden würden. Wollen Städte gezielt auf den Fuß- und Radverkehr umsteigen, müssen Sie ebenfalls das Angebot für den Autoverkehr gezielt verringern. Ansonsten würde der gewünschte Erfolg der Maßnahmen ausbleiben.

Die in letzter Zeit steigenden Preise im öffentlichen Personennahverkehr sieht er als ein falsches Signal. Dabei machte er im selben Atemzug darauf aufmerksam, dass der in viel kürzer Zeit gestiegene Benzinpreis einen viel größeren Aufschrei mit sich zog. Dennoch müsste dieser nach den Plänen des Verkehrsministeriums bereits bei 2,20€ liegen. Aus politischen Gründen werde dies allerdings nicht konsequent umgesetzt.

Unterstützend steigt Prof. Stephan Keuchel mit ein: „Energie muss teuer werden, um weniger Energie zu verbrauchen.“ Wenn die Energie zu günstigen Preisen angeboten wird, kann kein Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Verbrauch entstehen. Aus seiner Sicht sollte der Preis im ÖPNV allerdings nicht wieder sinken, da auch dieser als nicht klimaneutrales Verkehrsmittel nur im begrenzten Maßstab eingesetzt werden sollte. „Der ÖPNV ist nicht klimaneutral“, so Keuchel. Des Weiteren gibt er zu bedenken: „Sollte der ÖPNV Preis sinken, werden nicht automatisch PKW Fahrer umsteigen, sondern den Fuß – Fahrradverkehr beschnitten werden.“

Um gut für die Zukunft aufgestellt zu sein, muss für die Zukunft in innovative Projekte investiert werden. Wie dies aussehen kann, erklärte Sladan Vidakovic am Beispiel des Ladeparks Bäcker Schüren in Hilden, welcher unter anderem von der GLS-Bank finanziert worden ist.

Wie motivieren wir zum Klimaschutz? Diese Frage stellte unsere Moderatorin Laura Neugebauer im dritten Themenblock zur Mobilitätswende.  „Mit gutem Beispiel vorangehen“, so der Tenor von Xenia Wiedenmannott und Sladan Vidakovis. Xenia Wiedenmannott möchte ihre Ideen in die Gestaltung von morgen einbringen und sieht gerade in der aktuellen Phase eine gute Gelegenheit, dass diese auch berücksichtigt werden. Sladan Vidakovis hat für sich entschieden, dass er eine enkeltaugliche Welt gestalten möchte. Dabei geht er auf die Vorbildfunktion durch ein nachhaltiges Verhalten sowie die Investitionen in nachhaltige Projekte ein.

Um weiterhin unterwegs zu sein, erfordert es nach Prof. Stephan Keuchel nach den richtigen Einsatz der unterschiedlichen Technologien. Dabei ist gerade die Kommunikation nach Prof. Christian Holz-Rau sehr wichtig. Bessere Technologie in kleineren Fahrzeugen und das Einschränken der energieintensiven Verkehrsbeförderung stellen seiner Meinung nach den Schlüssel für eine erfolgreiche Mobilitätswende da.

Prof. Stephan Keuchel stellte seine Sichtweise zum Abschluss noch einmal dar: „Die Teilhabe an der Gesellschaft setzt Mobilität voraus.“ Dabei sind aus seiner Sicht die Instrumente vorhanden, um Preissignale zu senden und um eine Veränderung bis 2030 zu bewirken. Energie wird in Zukunft deutlich stärker bepreist werden müssen. Prof. Christian Holz-Rau stört vor allem, dass über die Preissteigerungen hinaus politische Signale ausbleiben. Gerade von einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen hätte er sich viel versprochen. Schließlich ist der deutsche Automarkt ein Leitmarkt für die internationalen Hersteller. Solange wie Deutschland klimapolitische Ziele nicht einhält, werden auch andere Länder nicht nachziehen. Xenia Wiedemannott ist hier deutlich optimistischer. Sie ist sich sicher, dass bis 2030 ein Prozess zur Veränderung angestoßen wird. Sladan Vidakovic spricht lieber von einer Veränderung statt Wende im Mobilitätsbereich. Dabei müssen aus seiner Sicht Motivationsanreize sowohl monetär als auch intrinsisch getrieben sein.

Nach dem Ende der Sendung diskutierten die Gäste ausführlich weiter. Wer die Sendung verpasst hat, kann sich diese auf dem Youtube-Kanal des digitalen Kaffees nachträglich anschauen. Die letzte Ausgabe im Jahr 2021 findet am Donnerstag, den 16. Dezember, um 17:30 Uhr statt.

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